Mittwoch, 15. November 2017

Das Ende des Jahres 2017 und Planung für 2018

Am Sonntag den 17.12.17 waren wir zuerst in Gutach im Vogtsbauernhof und anschliessend in Gengenbach am größten Adventskalender in den Fenstern des Rathauses. Wenn man hierauf klickt, kann man das Fotoalbum sehen.
Unten in der Ebene lag kein Schnee, aber die Kulisse um das Freilichtmuseum Vogtsbauernhof hatte dennoch einen Hauch von Winter, das die Tannen der Hänge aussenrum einen weissen Überzug hatten wie den Puderzucker auf einem Chriiststollen. 
Verhungern konnte man nicht, es gab nicht nur Glühwein sondern allerlei von süß bis deftig. In der guten Stube eines Hofes konnte man sich auch auf der Bank um den Kachelofen wärmen, während man den Glühwein, der auf der Feuerstelle gekocht wurde genoss und das mitgebrachte von den Ständen des Weihnachtsmarktes verzehrte. Daneben fertigte der Besenbinder derweil die bestellten Besen und gab Anleitungen, wenn jemand sich selbst damit versuchen wollte. Mein Andenken ist eine kleine aus einer Baumscheibe geschnitzte Krippe, die jetzt an meinem Fenster hängt.


Mit der Bahn ging es dann später zurück nach Gengenbach. Zunächst durch die malerische Engelsgasse der mittelalterlichen Stadt bis man den Marktplatz mit der historschen Schiffschaukel am einen Ende und den Marktplatz mit dem Rathaus und seinem Adventskalender am anderen Ende erreichte. Entenbraten mit Orangen./ Ingwer-Rotkraut an Kartoffelbrei lockte verführerisch aus einem Gasthaus. Ich schwankte, aber eigentlich brauchte ich meine Zeit für all das andere, was ich erleben wollte. Zur malerischen Marienkirche, welche im Barock erstellt wurde aber im Innern im 19. Jahrhundert weitgehend im romanischen Stil neu gestaltet wurde, mit der zweitgrößten Barockorgel Badens ging ein Abstecher. Wenn man eintrat, lief man direkt auf die große liebevoll gestaltete Landschaftskrippe zu. Jetzt waren Maria und Josef noch auf dem Weg zur Herberge. Jerusalem auf einem Hügel im Hintergrund, während unten an den Feldern die Krippe bis jetzt nur Ochs und Esel beherbergte.
Weiter ging es über den Niggelturm wieder zum Rathaus. Während die Blaskapelle Weihnachtsweisen, aber auch anderes Mitreissendes spielte, untermalte ich diesen Genuss, indem ich mich mit einer deftigen Linsensuppe mit Kartoffeln, Karotten und allerlei anderem Gemüse stärkte und wärmte.
Jetzt aber schnell ins Museum Haus Löwenberg mit seiner Adventkalender-Ausstellung. 21 Jahre gibt es den Adventskalender Gengenbach und die Ausstellung zeigt die Geschichte des Adventskalenders.
Während in der katholischen Kirche die Zeit des Advents, der Erwartung des Herrn in der Kirche mit Andachten gedacht wurde, bereiteten evangelische Familien sich im häuslichen Kreis mit Betrachtungen auf das Weihnachtsfest vor. Damit für die Kinder das ganze nicht so abstrakt blieb, sondern bildlich erfahrbar wurde, wurden Bildchen mit biblischen Texten für die Betrachtungen  gemalt. 1902 gab es dann in Hamburg den ersten gedruckten Adventkalender. 
Im Jahr 1904 erschien als Beilage einer Stuttgarter Zeitung der Weihnachtskalender “Im Lande des Christkinds” – basierend auf der Idee von Gerhard Lang (1881-1974). Dieser Kalender hatte noch keine Türchen zum Öffnen, sondern bestand aus zwei bedruckten Teilen. Einem Bogen mit 24 Bildern zum Ausschneiden sowie einem Karton auf dem auf 24 Feldern jeweils, von Lang selber verfasste, Verse abgedruckt waren. Die Kinder durften jeden Tag ein Bild ausschneiden, einen Vers lesen und das Bild darauf kleben. Am 24. Dezember wurde das weiß gekleidete Christkind aufgeklebt.
Diese Ausstellung ist äusserst interessant, weil sie die Entwicklungen und Vereinnahmungen dieser Idee über alle Epochen und Systeme aufzeigt. Zunächst die erbaulichen religiös motivierten Kalender, die auf das Friedensfest Weihnachten vorbereiten und auch schon die eigentliche Fastenzeit für die Kinder versüßten. Sie wurden dann in Deutschland im 3. Reich instrumentalisiert, ich merkte zunächst gar nicht, dass es gar kein idylische Kalender war, wie er auf den ersten Blick den Anschein erweckte; Engel wurden durch Hitlermädchen ersetzt, Burschen streckten den rechten Arm nach oben und im Heiligenschein über dem Kind in der Krippe war ein gerundetes Hakenkreuz zu erkennen. Dinge, die zum Teil erst auffielen, wenn man es zu mehreren anschaute. Dann nach dem Krieg, waren in der DDR die Adventskalender Themen wie der Raumfahrt gewidmet und man öffnete die Türchen einer Sojus-Kapsel, während der Westen mit einer Apollo-Kapsel im Adventskalender gleichzog.
Die amerikanischen Besatzungssoldaten waren fasziniert von den Adventskalendern in Old Germany und schickten sie an ihre Lieben nach Hause. Dort bemächtigte sich dann der Kitsch in Form von Mickeymouse, Schloss Neuschwanstein und Co. dieser Gattung und brachte sie zur "Vollendung".
Das alles und noch viel mehr ist im Museum zu sehen. Die Kuratorin hatte jahrelang auf diesem Gebiet zusammengetragen und geforscht. Das sieht man. Ich habe dann auch ihr Buch im Museumsshop erstanden, weil man sich ja nicht alles merken kann.
Beim Blick aus dem Fenster sah ich den Zeiger auf 6 Uhr zugehen, der Platz vor der Bühne war auch schon gefüllt. Auch der Marktleiter mit seinem bunten Gewand und Stab war schon da. Jetzt schnell auch raus zur Bühne. Das Thema war diesmal die Rote Katze von Andy Warhol, die frierend auf der Bühne stand. Der Muskel-Kater versuchte sie mit charmantem Umschmeicheln, mit Turnübungen und Krafttraining zu erwärmen. Ein riesengroße Mütze wurde gebracht. Doch erst die besinnlich philosofischen Worte des Marktleiters zur Botschaft des Festes vermochten die rote Katze zu erwärmen. Und kreiste auch schon der Spot über die Fassade des Rathauses, suchte das Fenster und blieb auf der 18 stehen. Der Rolladen ging hoch, das Licht im Zimmer an und der Weihnachtsengel von Warhol, der den Frieden auf Erden verkündet leuchtete im 18. Fenster. Die Zeremonie war für heute abend beendet und alle bisher geöffneten Fenster leuchteten jetzt.

Es war ein 3. Advent, wo für alle etwas dabei war. Auch für unseren Jüngsten, Adrian, draußen die Schiffschaukel, und im Museum die Überkopfkugelbahn, der Knödelfresser, und all die Adventskalender, Adventshäuschen zum Anschauen ... 

Erinnerung:
Advent, der Winter, gefroren der See,
und am Sonntag da schneite der Schnee.
Die Christkindelsmärkte, die weisen die Richtung,
Friedrichsplatz, Marktplatz, Eiszeit,
von da grüßt das Schloss, der Weg ist nicht weit.
Und jetzt verlasse ich Reim und Dichtung:


Nicht vergessen, nur zur Erinnerung, am Freitag 08.12.2017 um 18 Uhr ist es soweit. Auch wenn das Schlosscafé die letzte Zeit dunkel war, Familie Campanella ist wieder zurück und wir haben das Schlosscafé für unsere Weihnachtsfeier :-)


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Achtung neuer Termin für Gengenbacher Adventskalender
Weihnachten nähert sich rasend schnell. Es ist wie jedes Jahr. Man nimmt sich vor, will es anders machen als in den Jahren zuvor. Man will dem eigentlichen Sinn der Adventszeit, der Zeit der Erwartung, gerecht werden und mal wirklich innehalten, entschleunigen, sich nicht anstecken lassen von Hektik und Stress. Und dann schlägt trotz allem Weihnachten urplötzlich wie ein Blitz aus heiterem Himmel ein. Unerwartet irgendwie. Weil man doch keine Zeit zum Erwarten des Wesentlichen hatte.
Wie dem auch sein, es ist jederzeit Zeit, das Muss hinter sich zu lassen, einfach mal nur zu staunen. Durchzuschnaufen. Zeit für eine glückliche Kindheit ist immer möglich :-)
Der Adventskalender und alles was in Gengenbach dazu gehört, lässt einen dieses Gefühl erleben, wenn man es nur zulässt. Man schlendert durch die spärlich beleuchteten mittelalterlichen Gassen, vorbei an den Kohle- oder Kartoffelschütten in die Keller der Häuser. Geht auf die Stadtmauer und lässt den Blick über das Treiben des Weihnachtsmarktes schweifen, die hölzerne Schiffschaukel wie Anno dazumal, Musik, ein Bläserchor vor dem Rathaus. Der Duft von Glühwein, gebackenem und gebratenem, ...
Und wenn doch noch die Pflicht ruft und man krampfhaft noch unbedingt das eine oder andere originelle Geschenk braucht, im Museumsshop ist die Wahrscheinlichkeit durchaus nicht so unwahrscheinlich, fündig zu werden.
Und dann wieder entspannen und staunen, was sie zu all den Jahren des Gengenbacher Adventskalenders zusammengetragen haben. Sehen und Staunen ist schon immer das Motto.
Solange es noch hell ist, lohnt es sich, noch nicht in Gengenbach aus der Schwarzwaldbahn zu steigen, sondern bis zum Vogtsbauernhof weiter zu fahren. An diesem Wochenende ist das Freilichtmuseum geöffnet mit seinem Bauern- und Handwerker-Weihnachtsmarkt. Zum Geniessen, zum fündig werden. Zum Entschleunigen und das auch zuzulassen.
Um dann anschliessend nach Gengenbach zurück zu fahren, dort weiter zu schlendern, all das zu machen, was ich anfangs beschrieben habe. Sehen und Staunen.
Und um 18 Uhr wird dann alles ruhig, die Lichter gehen aus. Der Marktleiter kündigt die Zeremonie an. Die Bühne füllt sich mit Leben. Bis dann ein Spot das Rathaus nach dem Fenster mit der Nummer 18 absucht. Und ein Frühwerk von Andy Warhol in diesem Fenster zum Leuchten kommt.

Wer Lust zu alledem hat, bitte noch melden. Ich werde am Sonntag 17.12.2017 hinfahren mit der Schwarzwaldbahn hinfahren.
Treffpunkt ist um 9:45 vor dem Buchhandel im HBF Karlsruhe.
Wir fahren um 10:09 zunächst zum Vogtsbauernhof zum Bauernweihnachtsmarkt. Am frühen Nachmittag fahren wir von dort zum Adventskalender nach Gengenbach.
Wir haben dann dort von 15 - 18 Uhr Zeit, um die Stadt anzuschauen, über den Weihnachtsmarkt auf dem Marktplatz von Gengenbach zu schlendern und für die Ausstellung im Museum Haus Löwenberg. Um 18 Uhr ist dann die Zeremonie der Öffnung des Fensters des Adventskalender. Um 18:50 können wir dann wieder ohne Umsteigen nach Karlsruhe fahren.

Wer den Museumspass hat, diesen mitnehmen, er gilt im Vogtsbauernhof und im Museum Haus Löwenberg.
Für beide Orte brauchen wir kein Fahrrad, das kann man in der Fahrradgarage im HBF KA abstellen.
Wir fahren mit dem Baden-Württemberg-Ticket.


Der Gengenbacher Adventskalender


Und hier die Übersicht für die Termine und Planung 2018

Mittwoch, 1. November 2017

Mainz Dom St. Martin und Kirche St. Stephan mit den Fenstern von Marc Chagall

Am Kaiserdom in Worms bin ich gestartet.
In Mainz kommt man an der Rheinpromenade an. Irgendwann sieht man, wenn man nach links landeinwärts schaut, die Türme des Doms im Hintergrund.


Von dort ist es dann nicht weit zum Dom St. Martin von Tours, unserem 3. Kaiserdom. Der Dom ist eine dreischiffige romanische Pfeilerbasilika mit romanischen, gotischen und barocken Elementen in den Anbauten. Die Kathedrale ist Bischofssitz der Diözese Mainz.

Vorgängerbauten gab es seit dem 4. Jahrhundert. Der Ursprung dieses Doms geht auf das 10. /11. Jahrhundert zurück. Die Motivation für den Bau dieses Kaiserdoms war die gewachsene Bedeutung von Mainz, nachdem der Reichskanzler, der Erzbischof Willigis, der zuvor am ottonischen Hof gedient hatte, eine Residenz in Mainz aufschlug. Als Erzbischof und Reichserzkanzler wollte er mit diesem Kaiserdom das Krönungsrecht für den Römisch-Deutschen König erhalten und die Bedeutung der Kirche als "zweites Rom" erkennbar machen. Der Dom war an den damaligen Dom St. Peter in Rom angelehnt. Der Dom brannte allerdings 1009 bei den Weihefeierlichkeiten ab, wahrscheinlich durch die Festillumination. Erst unter seinem übernächsten Nachfolger, Erzbischof Bardo wurde der Bau 1036 erneut vollendet und unter Kaiser Konrad dem 2.  eingeweiht. Diesmal als Pfeilerbasilika, die sie noch heute ist.  

Es war Allerheiligen, als ich bei meiner Vortour im Dom ankam. Aus der Kirche drang Orgelmusik und Gesang, als ich die Tür öffnete. Im Wechselgesang erkannte ich die Allerheiligenlitanei.

Der Geruch von Weihrauch erfüllte die mächtigen Gewölbe des Doms. Der Domschweizer in seiner prächtigen Uniform beäugte mich. Es war Gottesdienst, als Tourist konnte man jetzt natürlich nicht knipsend umherlaufen.
In dieser Stimmung fühlte ich mich auch nicht wie ein solcher, ich fühlte mich auch wirklich eher wie ein Pilger, der auf dem Weg von einem Dom zum nächsten sein Zuhause für diese Etappe erreicht hat. Ich setzte mich also in eine Bank und ließ mich von der meditativen Stimmung einfangen. Ließ Ruhe in mich einkehren, verharrte im Gebet. Und schoss verstohlen dieses Foto, als ich mich von den Schweizern unbeobachtet fühlte

 Der Kreuzgang des Domes St. Martin


Mainz Dom St. Martin





Ich musste dennoch weiter solange die Sonne noch schien, wenn ich die Kraft des magischen Blau der Kirche St. Stephan auf mich wirken lassen wollte.
Die Kirche St. Stephan aus etwa dem Jahre 1000 / 1300 auf dem höchsten Punkt der Stadt ist ebenso bedeutend. Sie ist noch aus einem anderen Grund bedeutsam, den berühmten Kirchenfenstern in magischem Blau von Marc Chagall von 1978 - 1985. Der damalige Pfarrer der Kirche, Monsignore Klaus Mayer stellt den Kontakt bei vielen Besuchen in Südfrankreich her und konnte Marc Chagall dafür gewinnen, diese Fenster als ein Beitrag zur deutsch - jüdischen Aussöhnung zu schaffen.



Die 3 Fenster direkt hinter dem Altar zeigen Stammvater Abraham, Sara, die das Kind erbetet; Adam und Eva und den Sündenfall, wobei Adam den Apfel in der Hand hat. David mit Harfe ein Liebeslied für Bathseba singend, und auf der rechten Seite mit der Harfe Psalmen singend. Rechts oben dann die Kreuzigungsszene. Chagall hat 9 Fenster ab 1978 bis 1985 (91-98 jährig) nach und nach geschaffen, nachdem der Pfarrer Klaus Mayer von St. Stefan ihn Jahr für Jahr gebeten hatte. Für die letzten Fenster hat Chagall kein Honorar verlangt. Nach seinem Tod hat Charles Marq, der 28 Jahre mit Chagall zusammengearbeitet hat, die fehlenden Fenster als Verbindung in schlichter Ausführung in diesem magischen Blau geschaffen.


Eine Besonderheit: Alle Fenster hat er mit „ChAgAll" signiert. Nur auf der himmlischen Lichtwand fehlt seine Signatur. Hier ist es König David, in dem er sein künstlerisches Pseudonym gesehen hat.

Die Fenster von St. Stefan sind die einzigen Fenster, die Marc Chagall in Deutschland geschaffen hat. Es ist zugleich das größte Kunstwerk weltweit von ihm  Die Fenster sind Ausdruck der Deutsch - Jüdischen Aussöhnung und der Deutsch - Französischen Freundschaft. Chagall ist Ehrenbürger von Mainz, war aber selber nie hier.

Monsignore Klaus Meyer, auf dessen Initiative die Fenster von Marc Chagall geschaffen wurden, zu diesen Fenstern in dem magischen Blau:
„Diese Fenster machen uns so froh", ist oft die erste Reaktion der Besucher der Kirche. Sie vermitteln Optimismus, Hoffnung, Lebensfreude.
In seinen neun Kirchenfenstern im Ostchor und Querhaus hat Marc Chagall ein Zeichen gesetzt für französisch-deutsche Freundschaft, Völkerverständigung, jüdisch-christliche Verbundenheit.
Es sind seine einzigen Fenster in Deutschland, von der Glasfläche (177,6 qm) her sein größtes Glaskunstwerk in der Welt, die letzten seines künstlerischen Schaffens (1976-1985).
Marc Chagall (1887-1985) malt „supranatural". Es geht ihm nicht nur um das Vordergründige, sondern mehr noch um das Hintergründige, Übergründige. Er lässt uns im Sichtbaren Unsichtbares, im Zeitlichen Ewiges, im Geschaffenen den Schöpfer erleben.




Ich war jetzt zum zweiten Mal in dieser Kirche. Und obwohl es zu unterschiedlichen Zeiten, hatte damals vor vielleicht 2 Jahren und jetzt wieder, das Glück, dass ich mitten in eine Meditation mit diesem Pfarrer Monsignore Klaus Meyer kam. Auf seine intensive Weise, aus der man spürt, wie sehr ihm diese Fenster von Chagall ein Herzensanliegen sind, erklärt er die Fenster, die Entstehung dieses letzten Kunstwerkes von Marc Chagall, um dann ein Thema heraus zu nehmen und darüber zu meditieren.


Die Transparenz der Schöpfung im Kunstschaffen von Marc Chagall aufzuzeigen, ist Aufgabe der „Meditationen" zur Biblischen Botschaft in den Fenstern, die Monsignore Klaus Mayer anbietet, wie es im Internet und am Schriftenstand heisst.


Es nimmt einen gefangen in einem befreienden Sinne, wenn man es selber miterleben kann.

Donnerstag, 19. Oktober 2017

SWR4 Unterwegs in Baden-Württemberg: Karlsruhe

SWR4 Unterwegs in Baden-Württemberg: Karlsruhe


Am Mittwoch 18.10.2017 erhielt ich einen Anruf vom Sender SWR 4. Am nächsten Tag war Reporterin Sabine Gronau wieder mit ihrem Hollandrad unterwegs. Diesmal zum letzten Mal in dieser Saison in der Stadt, wo alles begann, wo Carl von Drais geboren wurde, der dann die Laufmaschine vor 200 Jahren erfunden hat (in Mannheim). Und mir machte es richtig Spass, mit ihr die schönsten Flecken von Karlsruhe zu erkunden. Ich hätte ja noch einiges mehr zu zeigen gehabt, in 7 Stunden, in denen etwa alle anderthalb Stunden ein Stopp für eine Einspielung war, dachte ich, da kann ich mir ja viel vornehmen. Mein erster Plan war dann allerdings zu umfangreich, ich hatte ja noch keine Ahnung, wie der Sendebetrieb in der Praxis aussieht. Die Übertragungsorte mussten so liegen, dass sie eine tolle und interessante Kulisse boten, auch wenn es eine Radiosendung war, aber Sabine Gronau konnte jeden Ort mit ihren Worten so in Bilder umwandeln, und das so richtig lebhaft und schön, dass jedes Radio vor dem geistigen Auge zum Bildschirm wurde. Die schönen Orte, das hatte ich schon geplant. Aber dann musste ja auch der Übertragungswagen hinkommen können und dann auch eine solche Topografie vorfinden, dass er die Satellitenschüssel ungehindert nach Süden ausrichten konnte.
Die Zeiten für die Einblendungen waren genau einzuhalten, denn sie waren ja in das Sendeschema von Nachrichten, Beiträgen, Musik eingebunden und wurden anmoderiert. Und da musste die Reporterin ja dann auf Sendung sein. Es wurde manchmal knapp, zu viel gab es unterwegs zu sehen, aber wir waren jedesmal doch noch pünktlich da.
Mein anfängliches Lampenfieber war schnell verflogen, ich bekam schnell das Zeitgefühl, eine Radtour unter life-Bedingungen zu fahren, wir waren schnell ein eingespieltes Team. 
Vom Sender in der Kriegstraße radelten wir zu den Stationen von Carl Drais, sein Geburtshaus in der Ritterstraße am Schlossplatz, das es heute nicht mehr gibt, zum Ständehaus mit dem ersten demokratischen Parlament in Deutschland. Carl Drais war ja überzeugter Demokrat und legte seine Adelstitel ab. Und wenn man schon am Ständehaus war, dann besuchten wir auch die markante Stephanskirche, einer der Weinbrennerbauten. Dann natürlich das Rathaus mit der Laufmaschine im Foyer. Die Pyramide mitten im Baustellengewimmel. In der Zähringerstraße / Kreuzstraße das Haus, in dem er lebte und starb.
Am Bundesgerichtshof vorbei machten wir dann noch in der Beiertheimer Allee seiner Büste die Aufwartung bevor es dann an der Alb entlang Richtung Westen durch die Günther-Klotz-Anlage ging. Ein Abstecher zum ZKM, ein Halt zum Senden per Smartphone am Ruderbootsee.
Weiter ging es bei immer sommerlicher werdendem Wetter zum Sonnenbad, wo schon die ersten Schwimmer unter Palmen ihrer Runden zogen.
Am Anleger der Karlsruhe im Rheinhafen wartete schon der Übertragungswagen auf uns.

Weiter radelten wir dann durch den Hafen vor an den Rhein, auf dem Weg zu den Rheinterrassen kamen Vergleich zur Nordsee auf, als wir den Deich auf der einen Seite, die grasenden Rinder auf der anderen Seite hatten. Schafe gab es am Energieberg auch. Und auf dem Schiff vor dem Hofgut saßen drei Möwen, wenn auch nur aus Holz, aber immerhin :-)
Von hier ging es dann wieder zurück Richtung Stadt, noch ein letztes Stück an der Alb entlang Richtung Leopoldshafen, über die Brücke durch das Tiefgestade nach Knielingen und um 13 Uhr mussten wir das Schloss für die nächste Übertragung erreichen.

Im Schlosscafé dann bei Pizza, Kürbiscremesuppe, Pasta die verdiente Stärkung nach dieser Tour.
Am Bundesverfassungsgericht vorbei ging es dann wieder zum Sender durch die jetzt richtig quirlige Stadt, wo der Übertragungswagen auf die Schlussmoderation wartete.
Es war ein richtig schöner Sommertag, danke für alles auch von mir :-)



Hinweis: Unter den Fotos in dem Beitrag von SWR 4 ist ein Video "Sabine Gronau zieht Bilanz". Wenn man dieses anklickt, startet dieser Video-Beitrag.

Bilder der Tour. Alle Bilder ausser dem Bild vom Übertragungswagen von Sabine Gronau SWR

Falls der Beitrag nicht mehr in der Mediathek von SWR4 sein sollte, hier eine Kopie von mir. Die Qualität ist nicht besonders, da man den Beitrag nicht runterladen konnte, sondern nur vom Bildschirm abfilmen musste.


Hier noch eine Anmerkung zu einer Kritik von Martin Hauge (www.danke-karl-drais.de) darüber, dass in diesem Beitrag nur sehr wenige Informationen zu Karl Drais übermittelt wurden:

der Titel der Sendung ist als Tribute an den großen Sohn der Stadt Karlsruhe, Karl Drais zu verstehen.
Die Sendereihe heißt "Unterwegs in Baden Württemberg, Sabine Gronau auf ihrem grünen Hollandrad unterwegs auf den Spuren von Tipps unser Hörerinnen und Hörer in ..."
Die Hörerinnen und Hörer können aus ihrer Region Lieblingsradtouren beim SWR4 einreichen und es werden dann die schönsten Radtouren rausgesucht.
Die Reporterin Sabine Gronau radelt dann mit den Einreichern vom Frühjahr bis Herbst diese Tour in einer Live-Reportage in der Zeit zwischen 8 Uhr und 13 Uhr ab. Diese Reportagen sind in diesem Zeitraum in die laufende Sendung zu vorher festgelegten Zeiten live eingebaut, sie erzählt dann aus ihrer Sicht die spannendsten, schönsten, interessantesten Momente. Das Hauptaugenmerk liegt dabei auf dem Wohlfühlfaktor, denn schließlich sollen die Reportagen Lust machen, dass möglichst viele Menschen aufs Rad steigen und die Regionen selber genießen.
Als letzte Tour in der Saison 2017 hat der SWR4 keine Hörer-Tour ausgewählt, sondern im Karl-Drais-Jahr als Abschlusstour Karlsruhe als Geburtsstadt von Karl Drais  ausgewählt. Folglich wurde als Namensgeber sein Name ausgewählt. Das ist als Referenz zu verstehen.
Da diese Tour keine Hörervorschlag war, und sie ja jemanden brauchten, der eine schöne Tour in Karlsruhe führen kann, hat der SWR4 mich am Vortag der Sendung aus Stuttgart angerufen. Wir haben uns dann am nächsten Tag im Hof des SWR in der Kriegstraße getroffen. Wir haben dann die Orte festgelegt, wo der Übertragungswagen auf uns wartet, es mussten immer Plätze sein, die unverbaut Richtung Fremersberg Baden-Baden waren und die wir zu den festgelegtem Sendezeiten erreichen konnten.
Damit der Titel auch sachlich seine Berechtigung hatte, bin ich mit Frau Gronau in der Startrunde nach der Eröffnungseinspielung in die Ritterstraße am Schlossplatz gefahren, und habe ihr erzählt, dass hier alles begann, als Karl Drais geboren wurde. In der Zähringerstraße sind wir zu seinem Wohnhaus gefahren, im Rathaus haben wir Station gemacht am Nachbau seiner Laufmaschine. Dann weiter zum Ständehaus, um zu betonen, dass er Demokrat war, dann zum Denkmal in der Beiertheimer Allee bevor es dann über die Alb zum ZKM ging, wo der Übertragungswagen für die nächste Einspielung stand. In der Radioreportage erzählte sie dann, was sie bis dahin alles erlebt und gesehen hatte. Dabei war dann der Teil zur Geschichte von Karl Drais nur einer der vielen Eindrücke.
Und so ging die Tour dann weiter von Einspielung zu Einspielung.
Wir waren auf den Spuren von Karl Drais, weil wir dazu auf dem Fahrrad unterwegs waren, dem Verkehrsmittel, dessen Erfindung wir ihm zu verdanken haben.
Es waren Sendungseinspielungen, die Lust machen sollen, Lust zum Radfahren, Lust auf Karlsruhe, der Geburtsstadt von Karl Drais.
Es war keine Sendung über Karl Drais.











Mittwoch, 20. September 2017

Nordfriesland Anfang September 2017: Unsere Tour

Nordfriesland Anfang September 2017: Unsere Tour



Wo bleibt das Abenteuer, die Herausforderung? In den Wäldern sind keine Bären, am Wasser keine Krokodile, ... Keine Sorge, man muss nicht weit weg in den Urwald, die Challenge kann auch nahe erlebt werden. Und wird natürlich gemeistert :-)

Wir haben viel erlebt, einen Start, der im Hauptbahnhof Karlsruhe beinahe gar nicht stattgefunden hätte, wo wir doch nördlich der Streckenunterbrechung am RastatterTunnel  eigentlich auf der sicheren Seite waren. In der Matjes-Hauptstadt Glückstadt genossen wir am Büffet so leckere Matjes, dass man schon allein deswegen wieder hierher kommen muss. Die Energien brauchten wir dann spätestens 2 Tage später, als wir den Blanken Hans nicht nur auf der Insel auf dem Festland Nordstrand im Heimatmuseum in Süden mit dem Untergang von Rungholt studierten, anschliessend sind wie mit dem Fahrrad über Rungholt gefahren, die Stadt ging unter vor 600 Jahren ... (Detlev Liliencron) und kämpften uns Kilometer um Kilometer mitten durch das Meer durch Sturm und immer wieder Regen gen Norden nach Dagebüll. Wir kamen an, auch wenn man unterwegs zweifeln konnte, in Schüttsiel sahen wir, das Rungholtschiff ist heute ausgefallen, der Deich von Hauke Haien (Schimmelreiter, Theodor Storm) hielt aber stand, wir radelten die Stirn gegen den Wind weiter nach dem Motto, "der wackre Schwabe forcht sich nit, radelt des Weges Tritt für Tritt" (Ludwig Uhland) bis wir es geniessen konnten, vielleicht etwas erschöpft, das Glücksgefühl, in Neuwarft angekommen zu sein, die Zimmer zu beziehen und uns am Abend mit unseren Geschichten beim Abendessen, mit Matjes, Labskaus, ... zu stärken. Sylt am nächsten Tag bescherte uns im Bahnhof Niebüll die nächste Überraschung. Wir wurden von einer gutgelaunten und freundlichen Zugbegleitung am Sylt Shuttle Plus begrüsst, obwohl meine Reservierung für die Gruppe wegen des Ersatzkonzepts nicht angenommen und registriert werden konnte. "Wie das?" war meine überraschte Reaktion. "Alles ist möglich, es kommt an", lachte sie; "wir lassen niemanden am Bahnsteig stehen, der unserer Kunde ist" und half beim Einladen. Am Abend in Westerland das ähnliche Szenario, sie hatte die Kolleginnen in den in Frage kommenden Zügen informiert, sodass unsere Gruppe auch dort tatkräftig begrüsst und unterstützt wurde.
Föhr dann am Freitag zum Abschluss mit der Lembecksburg, den sprechenden Grabsteinen, Sallys Hüüs mit leckerem selbstgebackenem Kuchen, Matjes, Suppen inmitten einer Mischung aus Museum, Handwerkerstatt und Trödelladen, wir im Weihnachtszimmer, ...
eine nordfriesische Mischung mit allem, was dazugehört ...

und der Erkenntnis, wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg.
Leben ist das, was passiert, während du andere Pläne machst. Entscheidend ist, wie man die Herausforderungen löst. Mit der Deutschen Bahn habe ich dieses Jahr nur positive und angenehme Erfahrungen gemacht, auch wenn einiges zunächst katastrophal und unlösbar scheinend begann. Gemeinsam, alle Technik, wie den DB-Navigator, nutzend, bin ich immer angekommen. Manchmal sogar früher, wie bei der Buchung geplant.


Doch jetzt der Reihe nach, wer nicht warten will, kann hier die Fotoalben anschauen, unter den Bildern sind zum Teil Erläuterungen zu lesen.

Hier klicken, wenn man weitere Bilder aus meiner Vortour  sehen will



Die Reise begann mit einem Schock. Um 9:13 fährt unser IC 2374. Als ich um 8:50 den Bahnsteig hoch will, kommen mir schon einige entgegen mit der Hiobsbotschaft, dass unser Fahrradwagen fehlt. Ich schaute in meine Fahrkarten, Wagen 16 für Fahrräder und Mitreisende. Und er fehlte in der Tat. Die Zugbegleiter diskutierten schon mit der Gruppe. Und wir stehen da mit 8 Fahrrädern. Ich könnte ja meines zusammenfalten, aber das hilft jetzt auch nicht weiter. Wagen 16 war defekt, und ein weiterer auch noch zu allem Überfluss. Ich fragte, ob die Fahrräder nicht in den 2. Fahrradwagen gestellt werden könnten, zumal in Darmstadt noch jemand mit Fahrrad dazu kommt. Der ist schon ausgebucht, wir wurden gebeten, eine andere Verbindung zu suchen. Und die Abfahrtszeit rückte immer näher und wir standen immer noch draussen. Ich rannte runter zum DB-Reisezentrum, die Schlange war lang, die Abfahrtszeit nur noch 5 Minuten, da kam ein Anruf vom Bahnsteig, ich solle schnell hochkommen, die beiden Zugbegleiter haben eine Lösung gefunden. 3 Abteile, wo noch niemand drin sass, wurden von den Zugbegleitern freigemacht und gemeinsam mit den Zugbegleitern bugsierten wird die Fahrräder durch den engen Gang und Schiebetür in die 3 Abteile, die Hinreise war gerettet und die weitere Mitradlerin konnten wir in Darmstadt auch mitnehmen. Danke, wo ein Wille ist da ist auch ein Weg, Herausforderung gemeistert.


Unterwegs als Kunstgenuss ein Stopp im "Hundertwasser"-Bahnhof von Ülzen






und als Belohnung dann die Elbphilharmonie in Hamburg





















Zum Leonardo ging es die Alster rauf und durch den Stadtpark. Am Abend war das Feuerschiff schon wieder mit einer geschlossenen Gesellschaft in Beschlag genommen, an diesem Wochenende wurde wie wild geheiratet in Hamburg. Aber das portugisische Viertel mit seiner Stimmung und seinen Lokalen ist ja nicht weit. Und zum Abschluss erlebten wir the Blue Night bei Vollmond.
==> Hinweis: Wenn man auf die Streckenüberschriften klickt, bekommt man Bilder zu dieser Strecke aus meiner Vortour. Alle Bilder dieser Tour kann man ganz oben anklicken

Hamburg - Glückstadt (SO 03.09.2017)
Tag 2 HH - Glückstadt  76 km
Am nächsten Morgen zunächst Frühstück am Planetarium im Stadtgarten,
fit machen an der Klimmzugstange und es ging über Altona, Övelgönne an der Elbe Richtung Wedel Willkomm Höft, der Schiffsbegrüssungsanlage am Fährhaus. Es war jetzt Mittag, der Andrang war gross, mein erster Matjes auf dieser Tour. Und Rhabarberschorle.

Weiter ging es bei sommerlichem Wetter auf dem Weg Richtung Glückstadt die Elbe runter. Das nächste Ziel war der Hofladen mit seinen leckeren Molkereiprodukten, dem Nusskuchen. Entspannend und gemütlich. Das Krückau Sperrwerk war nicht mehr weit, wir hatten noch 2 Stunden Zeit, bis es um 18 Uhr schloss.
Glückstadt, eine Planstadt mit strahlenförmig vom Marktplatz zum Hafen ausgehenden Strassen, eingebettet in eine schachbrettartige Grundstruktur, also eine Kombination aus Karlsruhe und Mannheim, sollte schon vom Namen her künden, dass hier das Glück zuhause ist. Gegründet wurde sie 1817, sie feiert dieses Jahr ihren 200. Geburtstag. Sie erlebte durch den Walfang, den Heringsfang eine steile Blütezeit, von wo die verschiedenen Gebäude, wie der Salzspeicher zeugen. Die Fischereiflotte wuchs, bis dann die Schiffe andernorts grösser und der Fischfang industrieller wurde. Heute wird von Glückstadt aus kein Fisch mehr gefangen. Die Spezialität des idyllischen Städtchens ist der Matjes, der diese Stadt als Hauptstadt des Matjes berühmt macht. Im "kleinen Heinrich", des Fischers von Glückstadt am Marktplatz und erst recht im Kandelaber. Wenn man einmal sich durch die verschiedenartigen Variationen des Matjesbuffets hindurchgegessen hat, will man nur noch den Matjes von hier. Mein Favorit, der Schwedenmatjes in Sherrytunke. Aber eigentlich gibt es keinen Favoriten, eine Zubereitung übertrifft die andere.
Zunächst aber werden nach der Ankunft im Hof der Pension Glückstadt die Nachrichten aus der Heimat gecheckt :-)
Abendessen im Kandelaber, benannt nach der grossen Laterne auf dem Marktplatz. Während die anderen noch auf ihr Essen warten, begannen die Esser vom Buffet schon mal; schliesslich wartete ein langes Buffet, durchgekostet und genossen zu werden.

Glückstadt - Brunsbüttel - Büsum (MO 04.09.2017)
Tag 3 Glückstadt - Brunsbüttel - Büsum   85 km


Vorbei an den Reetdachvillen an der Elbe geht es zunächst zum Nord-Ostsee-Kanal
Kreuzfahrtschiffe sahen wir keine, die kommen nur ein paar Mal im Jahr vorbei. Aber die Schleusen sind schon beeindruckend, zur Zeit wird eine noch grössere gebaut, die Schiffe werden immer grösser.


Damit wir 2 Bahnhöfe an der Strecke hatten, habe ich einen Teil der Strecke ins Landesinnere verlegt und wir sind über St. Michaelisdonn und Meldorf geradel und haben eine Schleife weggelassen. So reduzierten wir die langen 96 km der ursprünglichen Strecke auf 85 km. Lang war der Weg und warm bis nach Meldorf. Lecker erfrischend war das Eis im Eiscafé, das auch gleichzeitig das Kino war. Meldorf ist ein vertäumter, fast verschlafener Ort. Das wirkte sich offensichtlich aus. Während ich mit der Eistüte in der Hand den Ort erkundete, um den schönsten Weg für die Weiterfahrt zu erforschen. Gefährlich war es da, sich zur Ruhe zu setzen. Man beachte die beiden Damen am mittleren Tisch. Während wir anderen still und leise den Plan ausheckten, heimlich um die nächste Ecke Richtung Marktplatz zu radeln, waren wir offensichtlich belauscht worden. Behutsam weckten sie aus verdientem Schlaf und wer weiß, was für süßen Träumen. Aber geschenkt, die Sonne scheint, das Meer und die Bucht von Büsum liegt voraus, eine Traumtour.



Kaum den Deich erreicht und das erste Strandbad am Hafen beim Nationalpark-Infozentrum passiert, muss ein Betonblock umfahren werden. Am Anfang und Ende eines Abschnitts. Was hat das zu sagen, woran sollen wir ermahnt werden. Terror ist doch so weit weg, wenn man hier oben ist. ???

Die Bucht von Büsum ist erreicht, im Hintergrund links sieht man das Hochhaus, die Landmarke von Büsum.

Endlich ist das Watt frei. Und eine Dusche steht bereit, um die Füße anschließend zu waschen. Da hält mich nichts, barfuß hinaus zu matschen und an den Algen zu naschen. Als ich zurückkomme, stehen oben am Rand des "Canyons die Indianer neben ihren Rössern".





Ankunft in Büsum. Ich hole das Kuvert mit den Schlüsseln und Adressen aus dem Briefkasten des Gästehauses Ute und verteile uns in Büsum im Kattegat und der Friedrichsstraße.







Büsum - Husum (DI 05.09.2017)
Tag 4 Büsum - Eidersperrwerk - Tönning - Husum  58 km


Auf dem Weg liegt das Eidersperrwerk






Das Eidersperrwerk wurde in Folge der verheerenden Hamburger Sturmflut von 1962, die auch Tönnig erfasst hatte, gebaut und 1973 als Jahrhundertbauwerk mit doppelter Sicherheit eingeweiht. Alle Torreihen sind doppelt angelegt. Die Alternative wäre gewesen, die 60 km langen Eiderdeiche zu erhöhen. Durch das Sperrwerk konnte die Deichlinie von 60 km auf 4,8 km verkürzt werden. Es war ein gewaltiger Eingriff in die Natur, die Salzwiesen verschwanden. Als Ausgleich entstand auf Tönniger Seite das Katinger Watt.

Am Sperrwerk selber brüten jetzt über 160 Küstenseeschwalben-Paare.


Katinger Watt





Nachdem wir uns in Tönning mit Backfisch gestärkt hatten, war dann im Café in Oldenswort der Nachtisch angesagt. Gedeckter Apfelkuchen mit einem Berg Sahne. Anstelle der Rhabarberschorle gab es hier eine ganz leckere Saftmischung aus Apfel, Sanddorn, Holunder, ... alles, was beim Vorbeiradeln am Wegrand stand.
Husum war ja unser Tagesziel, Theodor Storm wurde so um diesen Tag 200 Jahre und da erzählte ich aus dem Gedächtnis zur Einstimmung, was mir so vom Schimmelreiter geblieben war.


Der Schimmelreiter
Diese Novelle über den sogenannten Schimmelreiter Hauke erzählt in realistischer Weise das Leben am Deich und den Konflikt zwischen dem Althergebrachten und dem Übergang in die Neuzeit mit wissenschaftlichen Methoden, an dem letztendlich Hauke tragisch scheitert, da er am Ende alleine dastand. Vor den unbändigen Naturgewalten, die sie nicht beherrschten, versuchten die Bauern sich mit Aberglauben zu schützen, andere Lösungen empfanden sie als anmaßende Herausforderung des Schicksals.
Hauke war Sohn eines nordfriesischen Bauern und Landvermessers. Als Kind schon spielte er wenig mit anderen Kindern. Viel mehr verbrachte er die meiste Zeit am Deich, beobachtete die Flutwellen und ihre Wirkungen und entwickelte Modelle von neuartigen Deichen. Mathematik und Geometrie waren seine Leidenschaft.
Als Kleinknecht arbeitete er beim Deichgrafen Tede Volkerts. Er tat sich hervor, indem er Schwachstellen aufdeckte und Lösungen errechnete. So wurde er immer mehr mit Verwaltungsaufgaben betraut. Damit war er der Verwirklichung seiner Visionen schon einen Schritt näher. Das machte ihn bei den Bauern nicht gerade beliebt.
Zwischen ihm und Elke, der Tochter des Deichgrafen entwickelten sich zarte Bande. Sehr zum Hass des eifersüchtigen Ole Peters, der fortan gegen ihn intrigierte.
Nach dem Tod seines Vaters erbte er ein kleines Vermögen, womit er seine Forschungen weitertreiben konnte.
Nach dem Tod es Deichgrafen musste ein neuer Deichgraf bestimmt werden. Elke erklärte gegenüber dem Oberdeichgrafen, dass sie ihr Erbe auf Hauke überträgt. Somit hatte Hauke das erforderliche Land und wurde zum Deichgrafen bestimmt.
Damit konnte er gegen viele Widerstände seinen Plan eines neuen modernen sicheren Deiches verwirklichen. Als er dann bei der Einweihung sich weigerte, den alten Aberglauben mitzumachen und einen Hund lebendig an der Schnittstelle zwischen altem und neuen Deich zu begraben, hatte er auch den letzten Bauern gegen sich.
Notwendige Instandsetzungen wurden nur notdürftig ausgeführt, Ole Peters unterstützte die Bauern in ihrem Widerstand.
An Allerheiligen 1820 näherte sich ein gewaltiger Sturm. Hauke ritt mit seinem Schimmel zum neuen Deich. Dabei beobachtete er Bauern, die den neuen Deich zum alten Deich durchstachen. Ein gewaltige Flutwelle zerstörte den alten Deich und überschwemmte das Dorf.
Hauke musste mit ansehen, wie die Flutwelle seine Frau und seine Tochter ins Meer riss. Hauke gab sich die Schuld, als Deichgraf versagt zu haben, gab seinem Schimmel die Sporen und ritt ins tosende Meer hinaus. 
Diese Novelle wird in 3 Ebenen erzählt. Diese Binnengeschichte erzählt der alte Dorfschulmeisters in dem Gasthof, als im Sturm ein Reisender Zuflucht sucht und erzählt, dass ihm unterwegs im Sturm ein Reiter auf einem Schimmel begegnet ist, der dann aber spurlos in Sturm und Gicht verschwunden ist. Die Erzählung des Schulmeisters wird mehrmals unterbrochen, weil welche meinen, durch das Fenster gesehen zu haben, wie der Schimmelreiter vorbei ritt.
Am Ende der Erzählung lobt der Schulmeister den sogenannten Hauke-Haien-Deich, der seit mehr als 100 Jahren steht. Auf dem Weg nach Husum reitet der Reisende am nächsten Tag über eben diesen Deich.





Am Ende der Geschichte merkte ich, dass wir nicht alleine im Garten saßen. Gespannt lauschte ein Paar und freute sich, das Theodor-Storm-Wissen aufgefrischt zu bekommen. Lachend sagte ich, ich übernehme keine Gewähr, und Theodor Storm mit seiner Sprache im Original zu lesen, vervollkommnet den Genuss.



Wir haben jetzt immer noch bei Sommerwetter Husum erreicht.








wir wohnten mit dem Hotel Hinrichsen nur ein paar Häuser weiter von dem Haus, wo Theodor Storm mit seiner Frau Constanze gewohnt hat.
Dieser berühmte Heimatdichter begegnet einem auf Schritt und Tritt. Und da wir am Dienstag in Husum waren, und immer Dienstag abends um Schlag 8 Uhr die Nachtwächter auf dem Kontrollgang überprüften, ob alles seine Ordnung hat, kein Feuer brennt, schlossen wir uns diesen an und erfuhren so einiges. Und lockten am Hafen aus dem Nachtwächterlehrling, der sich an uns bewähren musste, einiges raus, was gar nicht zu dieser Führung gehörte. Er konnte die Fragen beantworten, bekam aber von seinen Lehrmeistern einen lautstarken Tadel, das war die Aufgabe der Zunft der Stadtführer. Ein Nachtwächter darf sich von dererlei nicht ablenken lassen. In die Nacht, und wir hatten Vollmond, gehört die Geschichte vom Kleinen Havelmann, wo ich überrascht war, dass auch diese Geschichte aus meinen Kindertagen von Theodor Storm war.
Und da des Nachts die Häuser immer grauer wurden, durfte natürlich nicht seine Liebeserklärung an seine Stadt fehlen: "Die Stadt":


Am grauen Strand, am grauen Meer (Theodor Storm)
Und seitab liegt die Stadt;
Der Nebel drückt die Dächer schwer,
Und durch die Stille braust das Meer
Eintönig um die Stadt.
Es rauscht kein Wald, es schlägt im Mai
Kein Vogel ohn' Unterlass;
Die Wandergans mit hartem Schrei
Nur fliegt in Herbstesnacht vorbei,
Am Strande weht das Gras.
Doch hängt mein ganzes Herz an dir,
Du graue Stadt am Meer;
Der Jugend Zauber für und für
Ruht lächelnd doch auf dir, auf dir,
Du graue Stadt am Meer.







Weiter ging es noch zum Ostenfelder Bauernhaus mit seiner Luke unter dem Dach. Hier wohnt Nis Puk. Wenn er einzieht, bewacht er das Haus und das Dorf, auf dass es allen gut geht und es nicht brennt. Aber er will gut behandelt werden. Wenn er zu Weihnachten seine Rote Grütze nicht bekommt, wird er ärgerlich und zieht aus. Wenn es ganz schlimm kommt verlässt er auch noch das Dorf und sucht sich eine neue Heimat, wo man ihn besser behandelt.



 Husum - Dagebüll (MI 06.09.2017)
Tag 5 Husum - Dagebüll   68 km


Der Tag sieht nach Sturm und Regen aus, als wir Husum verlassen. Noch kommt der Wind von achtern auf unserem Weg nach Nordstrand. Ein Ziel der Radtour ist das versunkene Rungholt, das Heimatmuseum in Süden.





Heute bin ich über Rungholt gefahren,
die Stadt ging unter vor sechshundert Jahren.
Noch schlagen die Wellen da wild und empört
wie damals, als sie die Marschen zerstört.
Die Maschine des Dampfers schütterte, stöhnte,
aus den Wassern rief es unheimlich und höhnte:
Trutz, Blanke Hans!
Von der Nordsee, der Mordsee, vom Festland geschieden,
liegen die friesischen Inseln im Frieden,
und Zeugen weltenvernichtender Wut,
taucht Hallig auf Hallig aus fliehender Flut.
Die Möwe zankt schon auf wachsenden Watten,
der Seehund sonnt sich auf sandigen Platten.
Trutz, Blanke Hans!
Mitten im Ozean schläft bis zur Stunde
ein Ungeheuer, tief auf dem Grunde.
Sein Haupt ruht dicht vor Englands Strand,
die Schwanzflosse spielt bei Brasiliens Sand.
Es zieht, sechs Stunden, den Atem nach innen
und treibt ihn, sechs Stunden, wieder von hinnen.
Trutz, Blanke Hans!
Doch einmal in jedem Jahrhundert entlassen
die Kiemen gewaltige Wassermassen.
Dann holt das Untier tiefer Atem ein
und peitscht die Wellen und schläft wieder ein.
Viel tausend Menschen im Nordland ertrinken,
viel reiche Länder und Städte versinken.
Trutz, Blanke Hans!
Rungholt ist reich und wird immer reicher,
kein Korn mehr faßt selbst der größeste Speicher.
Wie zur Blütezeit im alten Rom
staut hier alltäglich der Menschenstrom.
Die Sänften tragen Syrer und Mohren,
mit Goldblech und Flitter in Nasen und Ohren.
Trutz, Blanke Hans!
Auf allen Märkten, auf allen Gassen
lärmende Leute, betrunkene Massen.
Sie ziehn am Abend hinaus auf den Deich:
"Wir trutzen dir, Blanker Hans, Nordseeteich !"
Und wie sie drohend die Fäuste ballen,
zieht leis aus dem Schlamm der Krake die Krallen.
Trutz, Blanke Hans!
Die Wasser ebben, die Vögel ruhen,
der liebe Gott geht auf leisesten Schuhen,
der Mond zieht am Himmel gelassen die Bahn,
belächelt den protzigen Rungholter Wahn.
Von Brasilien glänzt bis zu Norwegs Riffen
das Meer wie schlafender Stahl, der geschliffen".
Trutz, Blanke Hans!
Und überall Friede, im Meer, in den Landen.
Plötzlich, wie Ruf eines Raubtiers in Banden:
das Scheusal wälzte sich, atmete tief
und schloß die Augen wieder und schlief.
Und rauschende, schwarze, langmähnige Wogen
kommen wie rasende Rosse geflogen.
Trutz, Blanke Hans!
Ein einziger Schrei- die Stadt ist versunken,
und Hunderttausende sind ertrunken.
Wo gestern noch Lärm und lustiger Tisch,
schwamm andern Tags der stumme Fisch.---
Heut bin ich über Rungholt gefahren,
die Stadt ging unter vor sechshundert Jahren.
Trutz, Blanke Hans!
(Detlev von Liliencron)


In dem Museum ist natürlich auch Detlev von Liliencron verewigt, der das berühmte Gedicht "Trutz Blanke Hans" zum Untergang von Rungholt, das in der Zweiten Marcellusflut (Grote Mandränke) am 16. Januar 1362 oder einer der folgenden Sturmfluten zerstört wurde, geschrieben hat.





Nordstrand St. Vinzenz, die älteste 900 Jahre alte Kirche und eine von nur 3 Kirchen, die auf Nordstrand den Untergang von Rungholt überlebt haben.


Ja der Tag sieht tatsächlich danach aus. 50 km liegen noch vor uns, anfangs noch mitten durch das Meer. 50 km bei teils stürmischem Gegenwind und immer wieder Regen. Hier bewährte sich meine Gore-Tex-Jacke, knallgelb, die ich ein paar Tage vorher noch im Angebot bei Karstadt geholt hatte. Regenhose, Fuss-Stulpen, alles hielt dicht. Die Stulpen sind jetzt etwas gelb-grün gefleckt, die Signatur der Nordseedeiche. Einheitlich gelbe hat schliesslich jeder :-)
Der Bahndamm der Halligbahn nach Nordstrandischmoor wurde von Wind und Wellen gepeitscht.


Bei schönem Wetter hätte es so ausgesehen:


Jeder km musste erkämpft werden frei nach dem Gedicht von Uhland
... der wackre Schwabe forscht sich nit,
tritt in die Pedale Schritt für Schritt ...

ich wurde nach Abkürzungen gefragt, aber auf einer geraden Küstenlinie gibt es keine Abkürzung. Wo war der Wind schwächer, wo stärker. Wenn man nach Norden radelt und Nordwind hat, ist die Deichseite auch da egal, zumal die Meerseite die interessantere war und wir letztendlich Dagebüll über die Meerseite erreichen mussten. Schüttsiel ist erreicht, der Fährhafen für das Rungholt-Schiff. Auf der Tafel steht, dass es heute ausgefallen ist. Wir dagegen haben es auf unseren Rädern bis hierhin geschafft. Auch wenn wir uns unterwegs schon insgeheim die Frage stellten, ob wir jemals ankommen werden. Ich rufe im Neuwarft an, dass wir unterwegs sind und kommen, aber es nicht bis 18 Uhr schaffen. Irgendwann am Horizont am Ende der Bucht, der Leuchtturm und Häuser von Dagebülll. Noch 6 km, 6 lange km. Ich esse einen Kokosriegel. Es geht weiter. Und um 18:30 rollen unsere Fahrräder in den Hof des Hotels Neuwarft. Ein Glücksgefühl wie bei der Erklimmung des Gipfels. Wir haben es geschafft. Jetzt noch die Zimmer bezogen und wir treffen uns im Lokal. Den Wels, den Labskaus, und was noch alles auf der Speisekarte steht, haben wir uns verdient.
Das gehört auch zur Nordsee. Und Rungholt war ja das Motto dieser Etappe. Wir haben sie erlebt. Intensiv. Sie bleibt in Erinnerung. Und die komplette Crew ist angekommen.
Trutz Blanke Hans ...


Dagebüll - Sylt 07.09.2017 DO 
Tag 6 Dagebüll - Sylt (Bahn Hindenburgdamm) - List - Dagebüll 46 + 30 = 76 km 
Wir haben den Sylt Shuttle Plus um 10:16 ab Niebüll genommen und zurück 17:35 ab Westerland. Zu unser, bzw. meiner Überraschung wurden wir von den Zugbegleiterinnen schon erwartet, wo doch die Buchung wegen des Ersatzkonzeptes gar nicht angenommen wurde. Wir lassen niemanden stehen, wir finden immer eine Lösung erklärte sie liebenswürdig und half tatkräftig mit beim Verladen. Wir hatten wohl Nis Puk auf unserer Reise in der Lenkertasche dabei. Auf jeden Fall waren mit diese vielen zauberhaften Lösungen der DB-Mitarbeiter es wert, im Anschluss einen Beitrag für "Eisenbahner mit Herz" zu schreiben. Vielleicht gibt es für die Mitarbeiter auch einen Sonderpreis für ein gelungenes Gesamtkunstwerk.
Niebüll ist ja nur knapp 15 km von Dagebüll weg, also entschlossen wir uns, nach Niebüll zu radeln. Und am Abend entdeckten wir hier noch einen in Karten nicht verzeichneten Radweg weitgehend abseits der Straßen und weitgehend entlang der Bahn. Etwas Orientierungssinn ist schon nötig, aber wenn man weiß, wo man ankommen will, ist das der ideale Radweg, wenn ich nochmal herkomme.



Interessant und aufschlussreich war die Fahrt mit dem Sylt Shuttle Plus. Der Name rührt ja daher, dass die Deutsche Bahn an die Autoreisezüge, die normalerweise ohne Personenwaggons fahren, da die Leute in den Autos sitzen bleiben, seit Dezember 2016, als sie die Ausschreibung für die Marschbahn gewonnen hatte, sie an die Autoreisezüge 2-teilige Dieseltriebwagen der Baureihe 628 hängt. Diese Triebwagen sind modernisiert worden und verfügen über Fahrradstellplätze an den Kopfenden und neben dem Gelenkbereich. Der 10:16 fährt als Verstärkungzug eigenständig nach Westerland und bietet somit aus dem Führerstand freie Sicht auf die Strecke und die entgegenkommenden Züge. Und das ist für Eisenbahnliebhaber zur Zeit ein Leckerbissen. Durch das Ersatzkonzept ist ein Sammelsurium an fast schon historischen Waggons aus der 60er und 70er Jahren unterwegs. Dieser Zustand, der nach letzten Meldungen noch bis Ende November dauern wird, ist ein neuer Tourismusmagnet. Eisenbahnliebhaber reisen von überall her an wegen der ungewöhnlichen technischen Fotomotiven.
Für die über 6.000 Syltpendler ist allerdings der derzeitige Ersatzverkehr das Grausen, da die Ausfallrate hoch ist auch bei den modernen 245ern, die die DB von der NOB übernehmen musste, die sich wegen eines Konstruktionsfehlers überhitzen und deshalb immer wieder zum Abkühlen in den Bahnhöfen länger als im Fahrplan vorgesehen warten müssen.
Der Sylt Shuttle Plus ist von der Bahn im Dezember 2016 eigentlich nur angeboten worden, um Arbeitsplätze der DB-Mitarbeiter zu retten, die verloren gegangen wären, wenn die DB die Ausschreibung nicht in diesem Umfang gewonnen hätte. Der Sylt Shuttle Plus fährt ab Westerland bis Bredstedt statt nur bis Niebüll. Damit ist die Strecke des Sylt Shuttle länger als die der Mitbewerber und kann noch Personen und Fahrräder mitnehmen. Wettbewerb macht kreativ, und so hat die DB in der Ausschreibung den Grossteil der Trassen gewonnen. Nachteil ist nur, dass der Sylt Shuttle Plus einen eigenen Tarif hat, der nicht kombinierbar ist. Aber dadurch, dass die Fahrradmitnahme kostenlos ist, während sie im SH-Tarif 6 Euro kostet und mit dem Sylt Shuttle Plus Insel Spezial - Tarif für 9 EUR pro Person inclusive Fahrrad den ganzen Tag theoretisch hin und her gefahren werden könnte, ist dieser Tarif für Leute mit Fahrrad die günstigste Möglichkeit, für einen Tagesausflug nach Sylt zu kommen. Die einfache Fahrt kosten 7,50 EUR incl. Fahrrad.
Während der Fahrt nach Sylt erzählte uns der Lokführer und seine Begleiterin einiges über diese Bahn und Hintergründe, stellte unsere Kameras am Frontfenster auf, damit optimale Videos gedreht werden konnten. 
Mit all diesen, teils launig erzählten Informationen, wenn ich sie so hintergründig schon vorher gewusst hätte, hätte ich mir einige Sorgen zu unserer Fahrradmitnahme nach Sylt erspart. Da die meisten Fahrgäste nichts wissen über den Sinn und Zweck dieses Angebots und ihre normalen Fahrkarten nicht nutzen können, sind diese Sylt Shuttle Plus fast leer. Sie brauchen zwar statt 30 Minuten fast 50 Minuten, da sie zum einen in Niebüll erst zum Autotreisezug fahren müssen, dann in Westerland nicht mehr an den Bahnsteig passen und deshalb nach Ankunft des Autoreisezugs erst wieder ein Stück zurück bis zur nächsten Weiche fahren müssen, um dann auf einem anderen Gleis einfahren zu können. Aber ich habe sie als ideal für Fahrradfahrer schätzen gelernt. Und sie werden von freundlichen Menschen gefahren, die genauso begeistert von ihrer Bahn sind wie ich als Eisenbahnliebhaber. Die Vergaberichtlinien mögen manchmal schon heftig bürokratisch abstrus sein, sie fördern auf jeden Fall die Kreativität, auf so eine Lösung muss man erst kommen.
Aber sowas macht eine Reise doch erst abenteuerlich und hebt sie ab von einer 08-15 Fahrt. Es gab viel zu sehen und zu erleben auf dieser kurzen Bahnfahrt nach Westerland, die Zeit verging wie im Flug und der Himmel hatte inzwischen viele blaue Lücken, die Sonne kam hervor, bald merkten wir, dass wir zu warm angezogen waren. Zeit für die Sylt Tour nach List.
 Die berühmten kilometerlangen Sandstrände auf der Seeseite im Westen von Sylt
 Die Dünen



 Der Leuchtturm von Werningstedt
Und hinten am Ende der Bucht im Osten auf der Wattseite das Riesenrad von List.

Durch die Dünen und vorbei an den Gräbern aus der Broncezeit geht es nach List. In der Vergangenheit erkannte man die Grabhügel nicht als solche, so wurden einige beim Bau der Inselbahn zerstört, Landwirtschaft tat ein übriges bis man entdeckte, dass sie Zeugen der Vergangenheit waren. Die Inselbahn wurde wieder abgebaut, das der Funkenflug der Dampflokomotiven zusammen mit dem Wind immer wieder alles in Brand setzte, die ehemalige Bahntrasse ist jetzt ein Radweg.






Vor Jahren entdeckte ich zum ersten Mal den Namen Gosch im Hauptbahnhof Berlin und bevor damals der Nachtzug zurück nach Karlsruhe fuhr, genoss ich die Matjes dort. Später entdeckte ich im Hauptbahnhof wieder einen Gosch, später auf der Norderney ersetzte Gosch am Kurplatz ein Lokal, das vorher da war.
Gosch, Sylt war mir allmählich ein Begriff. Aber hier auf Sylt entdeckte ich, dass es richtiger Sylt List heißen muss. Sylt und List ist eigentich eines und so interessierte ich mich für die Geschichte.
Ich erfuhr, dass Jürgen Gosch von Beruf Maurer war. In seiner Jugend, in der er ohne Vater aufwuchs verdiente er mit 5 Jahren Geld durch Krabbenpulen und später Verkauf von Schrott, den er auf Müllkippen sammelte. Als ausgebildeter Maurer kam er bei einem Bauprojekt nach Sylt, verkaufte nach Feierabend Fisch aus einem Bauchladen. Irgendwann reichte es für einen fahrbaren Fischstand in List. Dann zu noch einem, dann zu einer Bude. Er expandierte von List aus nach Westerland und Werningstedt. Irgendwann weiter aufs Festland, ..., Hauptbahnhof Hamburg, Berlin, ... . Schon eine beeindruckende Unternehmerkarriere. Und mit meinem Sherry Matjes mit Bratkartoffeln sass ich im Strandkorb an seinem Mutterschiff, der Alten Tonnenhalle, von wo aus alles gesteuert wird.
Auf der Wattseite geht es dann Richtung Kampen und Keitum.

Vor Kampen kommt man an der Vogelkoje vorbei durch den Urwald. Nachdem Sylt vom Festland getrennt zur Insel wurde, überlebten das die Wälder auf Dauer nicht. Zu rauh war das Klima. Hier im geschützten Eck konnte sich ein Rest Wald halten und wird heute als Urwald geschützt. Mit den Vögeln und Tieren, die es sonst nicht auf der Insel gibt. Vogelkojen wurden von den Bauern angelegt, um neben dem Fischfang auch eine andere Eiweißquelle zu haben. In den Ententeichen lockten abgerichtete Enten ihre Kollegen von aussen in Reusen, aus denen sie nicht mehr herauskamen und so gefangen werden konnten.

St._Severin_(Keitum): in Keitum steht nicht nur die älteste Kirche  von Sylt sondern von Schleswig-Holstein. Sie wird 1240 zum ersten Mal erwähnt und steht an der Stelle eines Odinheiligtums.



Im Turm sind diese beiden Feldsteine. Sie sollen die Grabsteine der beiden Schwestern Ing und Dung sein. Diese haben den Turm finanziert. Die Geschichte erzählt, dass nachdem eine der Schwestern gestorben war, die andere fand, dass sie keine ihr angemessene Bestattung erhielt. Sie einen Fluch aussprach. 100 Jahre später, läutete ein Küster, der sich abschätzend über die Schwestern äusserte, die Glocke. Da riss das Seil, der Klöppel löste sich und erschlug den Küster.

Dagebüll - Föhr 08.09.2017 FR 
Tag 7 Dagebüll - Föhr (Fähre) - Dagebüll 50 km


Eifrig wurden die Wetterberichte studiert. Am Vorabend, am Morgen nochmal. Man konnte es drehen und wenden, wie man wollte, es sah eher nach einem verregneten Tag aus. Aber was bedeuten schon 40% Regenwahrscheinlichkeit. Das heisst doch zu 60% gutes Wetter. Und überhaupt, es gibt kein schlechtes Wetter, allenfalls unpassende Kleidung. Und dass unsere Regenbekleidung auch dem Blanken Hans trutzt, das hatte sie ja vorgestern bewiesen. Die Vorhersage für Sylt gestern war auch nicht so toll und dann hatten wir die meiste Zeit Sonnenschein. Und wenn wir uns heute abschrecken lassen und die Sonne kommt raus, dann könnte ich mich in den Allerwertesten beissen. Eine etwas dezimierte Expeditionsgruppe radelte mit mir zum Fähranleger. Und wir waren nicht die einzigen, die die grüne Insel erkunden wollten. Als wir das Friesenmuseum erreichten, hatte es schon längst, aufgehört zu regnen. 
Das Museum ist im Haus der drei Schwestern. Die Schwestern sind die Gallionsfiguren von 3 Schiffen, die hier ausgestellt sind, die eine sehen wir hier am Hauseingang. Der Eingang sind die Kieferknochen eines Wals.
Im Museum ist eine reichhaltige Ausstellung, unter anderem zum Leben einst und jetzt, zum Walfang. Man konnte Filme dazu sehen, auch zum Entenfang in der Vogelkoje. In einem Nebenraum war eine Ausstellung zu einem heimischen Künstler, der aktuelle Geschehnisse, gesellschaftliche Strömungen ... auf humorvolle, karikaturistische Art beleuchtete. Jetzt zur Wahl schleppte sich ein Wal ins Wahllokal. Die beiden Wahlhelfer an der Wahlurne "schon wieder dieser Spassvogel, der alle 4 Jahre hier reinschwappt".
Inzwischen schien die Sonne zum Fenster rein, Zeit zum aufbrechen und das Wetter ausnutzen.
Das Freilichtmuseum hat verschiedene Nordfriesische Bauernhäuser und auch diese kleine Bockwindmühle für den Hausgebrauch zusammengetragen.
Auch hier wieder im Giebel die Luke für Nis Puk. Später in Stelly's Hüüs aß ich eine rote Grütze zu seinen Ehren. Als Dank kam immer wieder die Sonne raus :-)

Die nächste Station war Nieblum mit seinen Kapitänshäusern und dem Friesendom St. Johannis.
Man beachte auch hier im linken Haus oben im Giebel die Luke für Nis Puk

Weiter ging es zur Lembecksburg, von der heute nur noch der Ringwall als archäologisches Denkmal steht und die Landschaft prägt.


Lembecksburg. Archäologisches Denkmal zwischen Borgsum und St. Laurentii in Süderende (Oldsum).

Der landschaftsbeherrschende Ringwall liegt auf einem natürlichen Geestkern. Den 95m messenden Burginnenraum schützt ein etwa 10m hoher Wall, der im Süden durch ein Tor unterbrochen ist. Im östlichen Vorgelände befindet sich ein niedriger Vorwall und ein flacher Graben.

Bei den 1951/52 durchgeführten Grabungen im Burginnenraum wurden Hausgrundrisse freigelegt und zahlreiche Keramikscherben, Webgewichte, Eisengeräte und Gefäße aus Speckstein geborgen; sie datieren den Ringwall in die Wikingerzeit (9/10. Jahrh.). Eine frühere Besiedlung der Flächen belegen Funde aus der Jungsteinzeit (um 2500 v. Chr. Geb.) und der älteren Kaiserzeit ( um Chr. Geb.).
Im 14. Jahrhundert erhielt die Burg ihre heutige Gestalt, 1362 wurde der Ritter Klaus Limbeck vom dänischen König Waldemar Atterdag mit den Inseln Föhr, Sylt und Amrum belehnt. Nach Zwistigkeiten belagerte 1374 Waldemar mit verbündeten Friesen die Burg und vertrieb Limbeck. Nach König Waldemars Tod (1375) schloß seine Tochter, Königin Margareta (”Schwarze Margaret”), mit Limbeck Frieden. So bewohnte nun dessen Vogt Christian Freliefson die Burg; dieser führte ein strenges Regiment,gegen das die Föhrer sich oftmals durch Belagerung zu wehren wußten. Nach dem Ritter Limbeck wird die Burg heute noch Lembecksburg genannt.


Weiter radeln wir nach Süderende mit der Kirche St. Laurenti. Das besondere an den 3 Kirchen von Föhr sind die Friedhöfe mit den "sprechenden Grabsteinen". Auf diesen stehen ganze Familiengeschichten, vom Walfang, von der Seefahrt nach Rio de Janeiro, ...









Weiter radelten wir nach Oldsum mit seiner Künstlerkolonie. Ein Kunstwerk ist Stelly's Hüüs, eine liebevolle Mischung aus Museum, Café mit Großmutters Wohnzimmer, Keramikladen, ... und dazu Suppen, Matjes mit Ofenkartoffeln, leckeren Kuchen, wenn einer ausging, wurde der gewünschte nachgebacken, ... wir liessen uns im Weihnachtszimmer nieder und fingen die Stimmung genussvoll ein.







Von hier ging es dann wieder über Alkersum zurück nach Wyk. Hier hätte ich noch gerne einen Blick in das Museum Kunst der Westküste geworfen mit interessanten Ausstellungen. Aber an einem Tag kann man nicht alles in der Tiefe besuchen, zumal jetzt die Sonne schien und einlud, diese besondere heilsame Luftmischung aus Meer und Wald zu inhalieren. Wie einst Christian Andersen, der als Gast der dänischen Königsfamilie auf Föhr weilte und dieses besondere Reizklima in höchsten Tönen lobte. Der Walzerkönig Johann Strauß komponierte auf seinem Kururlaub in Wyk den Walzer "Nordseebilder" unter dem Eindruck dieses Klimas.
Ich selbst wurde als Kind nach Wyk und Nieblum 6 Wochen in Erholung geschickt, um mich aufzupäppeln. An der Anreise zur Insel hat sich seit damals nicht viel geändert. In Mannheim fuhr ich mit meinem Köfferchen mit der Strassenbahn zum Hauptbahnhof und stieg dort im D-Zug in den Kurswagen nach Dagebüll. In Niebüll wurde zu meinem Erstaunen der D-Zugwagen an einen Schienenbus gehängt, über die Strasse in den Bahnhof nach Dagebüll gezogen. Dagebüll und der Hafen sahen genauso verlassen aus wie heute auch noch. Ich ging hinüber in die Fähre, der Anleger in Wyk auf Föhr ist heute jedoch moderner. Aber die Busse immer noch blau und mit der Linie 1 geht es wie damals nach Nieblum. Manche Orte verändern sich über die Jahrzehnte nicht viel.
Diesmal blieb ich noch bis zur letzten Fähre am Abend auf Föhr, verpasste dies dann noch um ein Haar. Mit Nordseeheimweh ("ich will wieder an die Nordsee, ich will heim nach Westerland", wie es die Ärzte besingen. Wobei es Westerland nicht unbedingt sein muss) ging es wieder zurück aufs Festland, wo ich dann rechtzeitig zum Abendessen im Neuwarft eintraf.



Nach dem Essen war ich dann ganz gerührt. Joachim hielt wieder eine kleine Rede, überreichte ein Kuvert mit den "Fuul Dank" und die Erinnerung an Nis Puk, der uns heimlich doch überall begleitete. 
Und genau dieses Kuvert verhalf mir im Hauptbahnhof Karlsruhe dazu, meine Lenkertasche, die ich im Zug vergessen hatte, zu verifizieren. Als ich den Verlust bemerkte, rannte ich zurück zum Zug. Da kam mir der Lokführer, dem ich vorher noch ein schönes Wochenende gewünscht hatte, als er zum Fenster des Führerstands herausschaute, im Gang entgegen, "hallo Cornelius, vermissen Sie ihre Fahrradtasche?" Ich wunderte mich über die Anrede mit Namen. Er ging mit mir nochmal hoch ins Büro auf dem Gleis 3 und als ich gefragt wurde, was besonderes wichtiges in der Tasche ist und ich dann das Dankes-Kuvert erwähnte, wusste ich, woher sie meinen Namen kannten und wussten sie, dass es meine Tasche ist. Kontrolle des Personalausweises und glücklich hatte ich meine Tasche wieder.
Ende gut, alles gut.



Und vielen Dank oder besser Fuul Dank auch von mir an alle, denn das Gelingen einer Tour ist immer Teamwork :-)